Spielbericht: Namenlose Nacht (Teil 5)

Das Leben eines DSA-Helden muss schon deprimierend sein: Da hat man gerade, unbewaffnet und ohne Rüstung, die böse Menschenhändler-Truppe bezwungen und die entführte Maid befreit, da stellt sich plötzlich heraus, dass all das nur der Auftakt war zu einem anderen, viel tiefgründigeren und lebensbedrohlicheren Abenteuer. Werden unsere Helden auch diesen Gefahren trotzen und die Bardo-und-Cella-Thermen lebend verlassen? Am Ende dieses Spielberichts werden wir schlauer sein...
Und schon wieder hier die Warnung für alle ahnungslosen Leser: Es folgen viele Hintergrundinformationen zum Abenteuer "Namenlose Nacht", die für alle angehenden Spieler dieses Abenteuers absolut ungeeignet sind. Auch kann die eine oder andere nicht jugendfreie Szene vorkommen. Wer wissen will, was zuvor passierte, sollte Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4 lesen.

Blutsauger!

Da stehen unsere vier Helden nun also im Keller der Therme, vor ihnen die Leiche des jungen Linnerts, dem die Kehle aufgerissen und das Blut ausgesaugt wurde. Ein Vampir? Trug er etwa die blutbefleckte Wolfsmaske, die dort im Waschzuber treibt? Der Boroni besteht darauf, den armen Jungen unverzüglich in den Behandlungsraum bringen zu lassen, um dort einen Grabsegen über ihn zu sprechen.

Ohne viel Aufsehen ist der Leichnam hinaufgebracht, der Boroni hat seinen Segen zur Hälfte beendet, als der Junge die Augen aufschlägt, den Priester anfaucht, mit unheimlicher Geschwindigkeit vom Tisch springt und aus der Tür verschwindet. Der vor der Tür wartende Auelf (der keine Lust auf die Zeremonie hatte), kann den Untoten nicht aufhalten, und so verschwindet Linnert nach draußen in die Nacht. Jetzt sind also schon mindestens zwei Vampire in der Therme unterwegs. Und noch dazu haben alle Helden das Gefühl, beständig weiter zu altern. So als ob ihnen jemand oder etwas die Lebenskraft raubt.

Wir sollten uns trennen!

Unsere Truppe beschließt (wie in jedem guten Horrorfilm), sich erstmal zu trennen, um so effizienter die Therme durchsuchen zu können. Zum einen muss der Vampir gefunden werden, zum anderen müssen wir herausfinden, ob alle Teilnehmer der "grottigen" Mitternachtsveranstaltung vom Alterungsprozess betroffen sind.

Boroni Torjan geht zur Garderobe, weil er dort eine Gästeliste zu finden hofft, die Aufschluss über die Identität des Vampirs oder der anderen Gäste geben könnte. Dort angekommen stellt er fest, dass jemand die Garderobe durchsucht und alle Waffen und Wertgegenstände entwendet hat. Nur ein verschlossenes Päckchen an den seit kurzem verblichenen Herrn Zurbaran liegt herum. Also untersucht Torjan den enthaltenen Brief, der angeblich von einer Gastwirtin stammt, die einem Gast, der "schlank, blond und im besten Alter" sein soll, einen im Gasthof vergessenen Ring nachschicken will.

Als Torjan gerade den beigelegten inneren Brief öffnen will, wird er von Zurbarans ehemaligem Leibwächter Brugo konfrontiert, der den Ring konfisziert und anprobiert. Schnell stellt sich heraus, dass das eine schlechte Idee war, denn Brugo verwandelt sich vor Torjans Augen in einen abstoßenden, deformierten Freak, Torjan möchte jedweige Aufmerksamkeit und Panik unter den Gästen vermeiden und schiebt den armen, bewegungsunfähigen Mann einfach hinter die Theke.

Wettstreit der Lust

Der Party-Baron Farsijian hat unterdessen wieder das Glückslos gezogen: Bei seiner Untersuchung der Therme findet er auf der Bühne im Innenhof seine erste Eroberung des Abends, Jolantha von Wengenbruck wieder, die mit Alara Paligan in einen Wettstreit der Lust vertieft ist: Vor jeder Dame wartet eine Schlange ungeduldiger und unbekleideter Herren, die ihren Rahjadienst an den angestrengt liegenden Damen verrichten wollen. Auch Farsijian (der schon seit mindestens zwei Stunden keinen Sex mehr hatte) möchte plötzlich näher an die ehemalige Kaiser-Gattin Paligan "herankommen" und beginnt den letzten Mann in der Schlange mit Geld und lukrativen Geschäftsmöglichkeiten in der Baronie Retogau zur Aufgabe seines Schlangenplatzes zu bewegen. 

Leider besteht der leicht angetrunkene Mann auf einen Vergleich der längsten geometrischen Abmessung der rahjagefälligen Körperorgane (vulgo: "Schwanzvergleich"), wobei der Partybaron trotz zwei extra eingeworfener Manneskrafttränke vom Al Anfaner Markt leider im allzu wahrsten Sinne des Wortes den Kürzeren zieht. Höchst deprimiert muss sich der Party-Baron geschlagen geben, stellt aber wenigstens noch fest, dass die vor wenigen Stunden noch so knackige Frau von Wengenbruck nun irgendwie gar nicht mehr so attraktiv, ja fast alt und in jedem Fall erschöpft wirkt. Hatte sie nicht auch an der Vorführung in der Grotte teilgenommen?

Von Elfen, Vampiren und Nymphen

Elf Toralin streift unterdessen ziellos durch die Therme, am Buffet vorbei zum Salinarium, wo er eine Blutspur auf dem Boden findet. Aus einer der Schwitzkammern in Richtung des Caldariums. In der Kammer entdeckt er zwei Frauenleichen, beide ohne Blut und mit brutal aufgerissenen Kehlen. Bissspuren anscheinend von einem erwachsenen Menschen. Da Toralin die Erfahrung mit dem wiedererwachten Linnert nicht wiederholen möchte und ihm der Weg zum Behandlungsraum zu weit ist, will er beide Leichen gleich hier ein für alle Mal unschädlich machen, und hämmert mit der bereitstehenden Holzbank auf den Schädel der älteren Frau ein.

Als er auch die andere Leiche derart ruhigstellen will, erwacht sie zum Leben und greift den Elfen an. Nach den ersten Attacken ist klar, dass die Vampirin stärker ist als der Held und seine paar unbewaffnet geschlagenen Wunden schneller verheilen, als er sie zufügen kann. Also flüchtet der Elf, wird aber im Salinarium von der Vampirin eingeholt und zu Boden geschleudert. Bevor sie ihm die Fänge in den Nacken rammen kann, schleudert Torjan sie mit einem letzten Fulminictur beiseite. Bevor die Vampirin sich aufrappeln und erneut angreifen kann, stürzt sich plötzlich eine Person auf sie und rammt der untoten Frau einen Dolch in die Halswunde, um ihr schnell den Kopf abzutrennen...

Es ist die Quellnymphe! Ohne viel Gewese wird der Dolch eingesteckt und die schöne Frau stolziert von dannen. Toralin versucht ihr zu folgen und sie auszufragen. Woher sie wisse, wie man einen Vampir tötet, und wer sie sei, und dass man sich doch helfen könnte... Leider weist sich die Frau als ausgesprochen unkommunikativ, und da der Elf auch nicht für seine feinfühlige Ausdauer bekannt ist, gibt er schon bald auf, lässt die schöne Unbekannte eine schöne Unbekannte sein und wendet sich genervt ab.

Verfolgung

Wie es der Zufall will kommt just in diesem Moment Farsijian vorbei, sieht den Elfen, der sich genervt von der Quellhymne abwendet, und beschließt spontan (vermutlich unter dem Einfluss seiner doppelten Manneskraft-Trank-Portion) nicht zu seinem genervten Freund zu gehen, sondern der holden Schönheit zu folgen. Im Caldarium beobachtet Farsijian, wie sich die Nymphe zu einem Schachtgitter hinabbeugt, kann aber nicht sehen oder hören was sie dort tut.

Als Farsijian ihr durch die Tür nach draußen folgt, ist die Nymphe auf einmal verschwunden. Er will hinter der nächsten Ecke nachsehen, als er einen Dolch in seinem Rücken spürt. Die Quellnymphe scheint nicht besonders erfreut zu sein, dass man ihr folgt und sie von ihrer eigentlichen Aufgabe abgelenkt wird. Wie kann der Maraskaner die zu allem entschlossene Frau mit dem Dolch an seinem Rücken davon überzeugen, dass er und seine Freunde statt einer Last eine Hilfe sein könnten?

Erkenntnisse

Kurze Unterbrechung für eine Diskussionsrunde. Alle Spieler haben nochmal Gelegenheit, über die neuesten Ereignisse nachzugrübeln. Wer ist diese Frau, und was will sie? Ist sie Urheberin des lebensraubenden Rituals? Unwahrscheinlich, da sie eine der dreizehn Personen im Becken war. Aber warum altert sie nicht? Ist sie altersresistent, so wie unser Elf Toralin? Wenn das Ritual nicht der Grund für ihre Anwesenheit ist, was will sie dann? Sie scheint jemanden zu suchen - zumindest hat sie alle männlichen blonden Männer untersucht. Ein Elf oder Halbelf scheint es nicht zu sein, da sie von Taradiel nach Entdeckung seiner Halbelfen-Ohren abgelassen hat. Ein blonder, gut gebauter Mann? Sucht sie etwa den Mann aus dem Brief mit dem verfluchten Ring?

Der Mann soll laut Brief aus Nordosten gen Gareth angereist sein. Etwa aus dem Bornland? Wo wurde das Bornland schonmal erwähnt? Richtig, die bornische Silbermünze, die dem schmatzenden Schläfer in den Mund gelegt wurde. Aber warum bloß? War der Schläfer etwa ein Vampir? Unwahrscheinlich - Vampire verlangen selten nach Erdbeertorte. Wollte man ihn ersticken? Mit einer Münze? Da gibt es bessere Wege. Vielleicht wollte man ihn... testen? Konnte man mit Silbermünzen im Mund Vampire erkennen? Die Quellnymphe sucht also vielleicht den Vampir - kommt sie etwa auch aus dem Bornland? Ist sie ihm hierher gefolgt? Hat sie ihm gar den Brief mit dem Ring als Falle geschickt? Aber warum? Der Fluch des Rings ist nicht tödlich - er verunstaltet nur. Wollte sie den blonden Mann strafen? Oder ihn einfach nur besser unter all den anderen Orgiengästen erkennen können?

Aber wer ist die Frau? Warum altert sie nicht wie die anderen Ritualopfer? Und wer kann einen Ring verfluchen? Plötzlich hat der Boron-Geweihte Torjan einen Geistesblitz! Ist sie vielleicht...

Eine Theorie!

...eine Hexe?

Plötzlich passt alles zusammen: Eigeborene Hexen sehen gut aus und altern nicht. Sie haben meistens einen Vertrauten - vielleicht ein kleines Tier, mit dem sie in Abwasserschächten spricht oder die als Augenpaar in einem Beckenüberlauf zu sehen sind. Vielleicht eine Kröte? Sie kann einen Ring verfluchen, Sie kann an die Decke springen, um dem sie verfolgenden Maraskaner in den Rücken zu fallen. Sie könnte einen Hexenknoten wirken, um die Therme von der Außenwelt abzusperren.

Aber wie können wir die notorisch eigenbrödlerische Hexe davon überzeugen, dass die Heldengruppe auf ihrer Seite ist und ihr helfen könnte? Sie sucht den Vampir, soviel scheint klar. Sie sucht nach einem blonden, schlanken Mann. Aber warum eigentlich? Das Wolfsfell in der Hand der toten Hure, und die blutbefleckte Wolfsmaske neben der Leiche von Linnert weisen auf den als Wolf verkleideten Mann hin. Dieser hatte jedoch braune Haare! Hat sie den Vampir vielleicht deshalb noch nicht entdeckt? Sucht sie nach einem Mann mit der falschen Haarfarbe?

Die richtige Theorie?

"Der Vampir, den Ihr sucht, hat seine Haare braun gefärbt! Wir können Euch helfen, ihn zu finden - selbst eine mächtige Hexe wie Ihr kommt nicht alleine gegen so ein Monstrum an!" stammelt der Maraskaner, und hält seine Luft an, während er bangend auf die Reaktion der Frau mit dem Dolch wartet. Waren die Vermutungen richtig? Oder befindet sich die Gruppe mal wieder auf dem Holzweg?

Einen unendlichen Moment lang zögert die Frau, dann seufzt sie, lässt den Dolch sinken, und fügt sich in ihr Schicksal. Anscheinend muss sie wirklich mit diesen Tölpeln zusammenarbeiten.

Und so offenbart sich die so widerspenstige Hexe unserer Gruppe: Sie heißt Levaska, kommt aus dem Bornland und möchte den Mord an einer ihrer Schwestern rächen. Ihr Hexenzirkel hat seine Macht zusammengenommen, um einen mächtigen Hexenknoten über die Therme zu sprechen und den Vampir unschädlich zu machen. Sie hat einiges an Wissen und/oder Gerüchten zum Thema Vampirismus in Erfahrung gebracht, unter anderem, dass Vampire von einzelnen Göttern verflucht sind und besonders verletzbar gegenüber Materialien oder Gegenständen sind, die dieser Gottheit zugeordnet werden. Sie glaubt, dass der Vampir praiosverflucht ist, da er bisher nur nachts zugeschlagen hat.  Durch den Mord an ihrer Schwester sei der Vampir von Satuaria verflucht. Von anderen Götterflüchen weiß sie nichts. Sie hatte gehört, dass man Vampire mit einer Silbermünze im Mund töten könnte. Der Vampir kann im Dunkeln sehen, sich in eine Ratte verwandeln (daher auch die Rattenfallen des Güllners) und begrenzt zaubern. Mehr weiß sie aber auch nicht. Sie weiß nur: Sie muss ihre Schwester rächen!

Die Zuflucht

Levaska macht sich wieder auf eigene Faust auf, den Vampir zu finden, und Farsijian kehrt mit den neuen Informationen zu seinen alten Gefährten zurück. Alt ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen: Die beiden noch so jungen nicht-elfischen Helden sind mittlerweile zu alten Männern um die 50 geworden, mit all den damit verbundenen Einschränkungen und Wehwehchen. Moment! Wenn wir so schnell altern - was ist dann mit Korninger?

So schnell die alten Beine tragen, rennen die Helden zu ihrem Auftraggeber im Efferd-Schrein, und finden einen greisen, röchelnden, an der Schwelle zu Borons Reich stehenden Mann vor, der nur noch wenige Minuten zu leben hat. Was tun?

Glücklicherweise beweist auch hier die Gruppe ein überraschend gutes Händchen für rechtzeitige Geistesblitze: Ein Bad in Stutenmilch könnte helfen! Zwar ist das Blödsinn (die Stutenmilch hilft nur abergläubischen Frauen, die vergeblich auf Glättung ihrer Falten hoffen), aber wie es der Zufall will, steht die Badewanne just in dem Raum, der von Baumeister Farathos in einer Inschrift als "Zuflucht der Alten" bezeichnet wurde, und der durch seine Koschbasalt-Wände von den magischen Effekten des Rituals frei ist. So ist Korninger erstmal gerettet und wird in der Obhut seiner Tochter zurückgelassen.

Kampf!

In diesem Moment gellen Schreie durch die Therme, und die Helden folgen ihnen die Treppe hinab in die Kaisergrotte. Am Fuß der Treppe finden sie die ersten ausgesaugten Leichen. Im Wasser steht Levaska und sucht mit gezogenem Dolch die Wasseroberfläche ab. "Die Ratte ist hier!" ruft sie. Toralin und Torjan waten ihr durch das Wasser zu Hilfe, während Farsijian den Ausgang sichert.

Bevor die Helden die Hexe erreichen könne, springt plötzlich die Ratte aus dem Wasser und verwandelt sich noch im Flug in den Vampir. Levaska greift ihn mit ihrem Silberdolch an, kann ihn jedoch nicht verletzen.

Dann geht alles ganz schnell: Die Hexe springt an die Decke der Grotte, um aus der Reichweite des Vampirs zu kommen. Farsijian eilt seinen Gefährten zu Hilfe. Toralin rammt dem Vampir seine angespitzte Vorhangstange in den Rücken und erntet einen Schmerzensschrei des Vampirs. Er springt hoch, bricht der Hexe den Arm und versucht sie herunter zu reißen. Der Boron-Geweihte intoniert einen Schutz-Segen und streut einen Kreis aus Graberde auf die Wasseroberfläche. Levaska jagt dem Vampir einen Fledermaus-Schwarm auf den Hals.

Flucht

Egal, ob es Fledermäuse, Schutz-Segen oder Vorhangstange war, der Vampir scheint jedenfalls genug zu haben. Es wird schlagartig dunkel, man hört das Platschen von Wasser, dann einen Schrei vom Elfen, und schließlich das Trippeln kleiner Füße auf der Treppe. Dann ist es still.

Als das Licht wieder sichtbar wird, liegt der Elf prustend im Wasser, vom flüchtenden Vampir Richtung Ausgang gestoßen. Am Fuß der Treppe sind nasse Rattenspuren zu sehen, die sich auf den folgenden Stufen in menschliche Füße verwandeln. Levaskas Arm ist gebrochen, ansonsten ist sie kaum verletzt. Das Holz der Vorhangstange, mit der der Vampir verletzt wurde, stammt von einer Firunsföhre. Insgesamt finden die Helden fünf Leichen in der Grotte, allesamt ausgesaugt, ihre Körper zerfetzt und zerschmettert.

Und so stehen die zwei alten Helden, der fluchend Wasser prustende Elf und die angeschlagene, aber umso entschlossenere Hexe in der Kaisergrotte, und überlegen, wie es weitergehen mag...

Ein immer wilder mordender Vampir, ein ebenso vampirischer Schabernack-treibender Linnert, und ein immer tödlicher erscheinendes Ritual, das den Helden die Lebenskraft raubt. Und das Schlimmste ist: Noch immer ist offen, wer hinter all diesen Ereignissen steckt! Werden die Helden hinter das Geheimnis der Therme kommen, bevor ihre Lebenszeit abgelaufen ist? Das werden wir wohl erst im finalen Teil 6 unseres Spielberichts erfahren.

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