RPC 2017

Wenn man innerhalb weniger Minuten imperialen Sturmtruppen, Zombies, Khalessis, Jack Sparrows, Geralds von Riva, Predatoren, Orks, Boron-Geweihten und DSA-Autoren begegnet, ist man entweder in einer sehr seltsamen Globule gefangen, oder auf der RPC in Köln gelandet. Der folgende Erlebnisbericht beruht auf der Annahme, dass wir auf letzterer waren.

Jedes Jahr auf’s Neue öffnen sich im Mai die Tore der Kölner Messe, um einen unaufhaltsamen Strom mutmaßlich positiv Bekloppter zur größten Rollenspiel-Veranstaltung Deutschlands (Verzeihung: Europas!) einzulassen. Schaumstoff-Waffenstarrende LARPer, bis zur Unkenntlichkeit (und noch viel weiter) verkleidete Cosplayer, eher langweilige Computerspieler, Tabletop-Miniaturen-Spieler und -bemaler, Fantasy-Leser und klassische Pen&Paper-Spieler - sie alle kommen zu einer fröhlichen, skurrilen, meist entspannten, manchmal brechend vollen zweitägigen Alltagsflucht in die beiden Hallen 10 gepilgert. In diesem Jahr feiert die RPC ihr zehnjähriges Jubiläum - umso mehr ein Grund, dass wir uns das Spektakel angesehen haben.

Für eine oft sehr martialisch anmutende Veranstaltung, wo man an allen Ecken und Enden Dolche, Langschwerter, Blaster oder Thors Hammer erblicken kann, gibt man sich am Eingang Ost eher übervorsichtig: alles, was gefährlicher als ein Bleistift ist, wird konfisziert. Wer also Taschenmesser, Rondrakamm oder seine Lieblings-Ochsenherde mitbringen möchte, sollte sich das nochmal gut überlegen. Ein sehr schöner Nebeneffekt der stark angezogenen Sicherheitsvorkehrungen war, dass man den in voller Gewandung gekleideten Ork-Cosplayer, der vor lauter Kostüm nicht frontal durch die Sicherheitsschleusen passte, beim vorsichtigen Seitwärts-Trippeln beobachten konnte.

Wie üblich fand die Con auch in diesem Jahr in den beiden übereinanderliegenden Hallen 10.1 und 10.2 statt, deren Geometrie ich noch immer einigermaßen verwirrend finde. Aber eine erfolgreiche Orientierungs-Probe später ist irgendwann der Ulisses-Stand im (natürlich!) letzten Teil der Halle ausgemacht, und das muntere Fanboy-Sein kann beginnen.

Der Ulisses-Stand

Seit einiger Zeit hat Ulisses seinen eigenen Verkaufsstand (frühere Messen wurden in Kooperation mit lokalen Rollenspielläden betrieben), und das hat den netten Nebeneffekt, dass Verlags-Chef Markus Plötz persönlich aufpassen muss, dass niemand den Verkaufsbereich verlässt, ohne zu bezahlen. Schnell wurde mit ihm ein kleines Interview für einen DSA-Roman-Artikel geführt, und als Dank die selbstgebastelte DSA-Schokolade überreicht. Bin gespannt, ob seine Töchter davon was abkriegen!

Hier arbeitet der Chef noch persönlich, und wird mit Schokolade entlohnt!

Die Ramschecke wurde von zwei wackeren Streitern betrieben, von denen einer vielen als Undercover-Steff von Orkenspalter-TV bekannt sein dürfte. Er hat seine Rolle wirklich gut gemacht: Man hätte ihn glatt für einen regulären Ulisses-Mitarbeiter und nicht für einen verdeckten Ermittler halten können. Die riesige Kiste mit Reste-Büchern wurde gerne durchwühlt, und binnen weniger Stunden wechselten unzählige Mängelexemplare ihren Besitzer.

Diese Kiste war ein paar Stunden später deutlich leerer

Großen Zulauf gab es beim Verlosungs-Würfeln für die RPC-exklusive limitierte Götterband-Edition. Zahlreiche tapfere Recken versuchten ihr Glück am gnadenlosen 3W20-Würfelbecher. So lange ich mir das Spektakel ansah, schaffte niemand einen außergewöhnlicher Wurf - keine einzige 1 ist mir begegnet. Anscheinend ist auch Phex für Chancengleichheit!

Würfeln für den blauen Götterband

Gerne hätte auch ich mein Glück versucht - aber bis zur Bekanntgabe der Gewinner um 16 Uhr konnte ich eh nicht bleiben. Um kurz nach zwei waren dann ohnehin alle Teilnahmekarten aufgebraucht, und interessierte Spieler haben am morgigen Sonntag ein letztes Mal Gelegenheit ihr Glück zu versuchen.

Neuer Tag, neues Glück!

Im Schatten der Macht

Der Spielbereich war ebenfalls gut besucht, und eigentlich waren fast alle Tische ständig belegt. Neben Aventuria-, DSA-, HeXXen- und Land Og-Einführungsrunden (letztere nur echt mit der Gummikeule!), wurde noch ein neues DSA-Brettspiel von Christian Lonsing vorgestellt. Im Schatten der Macht ist der Arbeitstitel, und es ist das erste Spiel auf der kompletten Aventurien-Karte. Die kleinen Holzwürfel, die zunächst an Risiko-Armeen denken lassen, stellen hier Geheimorganisation dar, die hinter den Kulissen versuchen die Macht über Aventurien an sich zu reissen.

Der schon weit fortgeschrittene Prototyp von Im Schatten der Macht


Das Grundspiel für 2 bis 4 Spieler kommt mit einer Einsteiger- und einer Expertenversion daher, eine Erweiterung soll die Spieleranzahl auf 6 erhöhen. Die Spieldauer beträgt je nach Spielerzahl und Schwierigkeitsgrad vermutlich zwischen 45 und 120 Minuten. Wenn alles gut geht, wird das Spiel in einigen Monaten per Crowdfunding angeboten.

Sternenschweif HD

Etwas einsam und verlassen saß Christian von Crafty Studios an seinem Laptop, um den aktuellen Stand von Sternenschweif HD zu präsentieren. Was sehr schade ist, denn das Projekt sieht immer noch sehr spannend aus. Zwar muss ich gestehen den Vorgänger noch nicht selbst gespielt zu haben (habe ihn auf meiner To-Do-Liste), aber die Verbesserungen gegenüber dem Original von 1994 sind doch enorm. Endlich ist Kvirasim jetzt eine Elfenstadt in den Bäumen, durch die man in luftiger Höhe laufen kann. Eine weitere schöne Neuerung: Die ausgerüsteten Gegenstände sind jetzt direkt am Charakter sichtbar, sodass man immer weiß, wer gerade was trägt.

Christian ist ein netter Kerl, also kauft seine Spiele!

Nach dem etwas holperigen Start von Schicksalsklinge HD wurde mit Kritik nicht gespart, was insbesondere dann sehr ungerecht ist, wenn man bedenkt wie groß das Kernteam von Crafty Studios ist: Ganze zwei Programmierer haben das ursprüngliche Projekt in gerademal acht Monaten auf die Beine gestellt, unterstützt von einigen externen Grafikern, Programmierern und Level-Designern. Und für so ein Mini-Projekt, mit einem sehr begrenzten Budget, ist die Leistung sehr eindrucksvoll. Ich konnte mich jedenfalls sehr angeregt mit Christian unterhalten, über Unity-Programmierung philosophieren, und durfte ihm sogar noch den schäbigen Prototypen meines eigenen DSA-Roguelike-Spiels zeigen, von dem ich seit Jahren träume. Ich solle nicht aufgeben, hat Christian gesagt. Vielleicht werde ich das Spiel wirklich irgendwann fertig schreiben. So in zehn oder zwanzig Jahren etwa...

Eindrücke

Ansonsten konnte man am Ulisses Stand so manche DSA-Prominenz entdecken: Bernard Hennen kam mit einem Reporter im Schlepptau, dem Markus Plötz dann erstmal DSA erklären musste. Robert Corvus (die andere Hälfte des Phileasson-Roman-Autoren-Duos) schaute im betont sommerlichen Kurze-Hosen-Look vorbei, was bei den Hallen- und Außentemperaturen eine weise Entscheidung war. Michael Mingers ließ sich von Team Orkenspalter-TV interviewen (wobei Mhaire am Buffed-Stand moderierte und sich daher von Anselme vertreten ließ). Insgesamt fiel mal wieder auf, dass es am Ulisses-Stand den ganzen Tag sehr lebhaft zuging, gleichzeitig aber auch immer Zeit für ein Gespräch mit den Mitarbeitern blieb. Sehr sympathisch!

Bernard Hennen bewundert DSA5-Publikationen

Die Neuerscheinungen

Kommen wir nun aber zum wichtigsten, weil interessantesten Teil der RPC: Die DSA-Neuheiten! Wie schon im Ulisses Video-Podcast gezeigt, erblickten dieses Jahr drei neue Produkte das Licht der Messehalle: Unbezwingbare Wut ist ein neues Almada-Abenteuer um mysteriöse Wutausbrüche und ein längst vergessen geglaubtes Geheimnis, das die Helden einmal quer durch das Land der Pferde und des Weins führt.

Die Mai-Neuheiten - hier fehlt nur der Zwölfgötterwürfel



Die Gunst des Fuchses ist die überarbeitete Version des gleichnamigen DSA5-Beta-Abenteuers, diejetzt im neuen Layout und in überarbeiteter Form daherkommt. Wie im Original müssen die Helden ein wertvolles Kunstwerk aus einem Palazzo in Belhanka entwenden.

Heldenreigen ist schließlich eine neue Erweiterung für das Aventuria-Kartenspiel, die mit 5 neuen, auf Heldenwerk-Abenteuern basierenden Ein-Akter-Szenarien und einigen neuen Spielmechanismen wie Schwärmen, Kampfumgebungen, Tieren und Ermittlungskarten daherkommt. Als neuer Charakter wird die Katzenhexe Rovena aus dem Überwals eingeführt, die einen etwas subtileren und weniger auf Frontalangriffe ausgelegten Kartensatz mitbringt.

Bereits seit letzter Woche in den Ulisses Außenposten erhältlich ist der neue Regelband Aventurisches Götterwirken, der sich mit den Geweihten der Zwölf- und Halbgötter beschäftigt, und auch dem gesichtslosen Gott einige Seiten widmet. Zeremonialgegenstände, neue Liturgien, Professionen und Archetypen bieten einigen Lesestoff für angehende Priester-Spieler. Der thematisch passende neue weiße Zwölfgötterwürfel kann nun ebenfalls käuflich erworben werden.

Hat jemand irgendwelche Informationen zu diesem Werk?

Leider nicht zur RPC geschafft hat es das Aventuria Bärenherz Aufrüstungsset. Dafür konnte man in der Ulisses Vorschaumappe 2017 einige neue Publikationen bewundern: Neben Seiten aus dem schon als Preview angekündigten DSA-Comic Der Andergaster gab es die Cover von Havena - Versunkene Geheimnisse und dem Abenteuer Gefangen in der Gruft der Königin zu sehen.

Also scheint Havena doch noch eine eigene Publikation zu bekommen

Natürlich gab es auch Abseits des Ulisses-Standes so manches zu sehen, aber mein enger Zeitplan ließ mir nur noch Zeit für einen kurzen Abstecher zum Uhrwerk-Verlag. Leider war dort Splittermond-blau die vorherrschende Farbe, vom myranischen gold-gelb war nichts Neues zu sehen. Meine Hoffnung auf neue Infos zum DSA5-Myranor-Band wurde nicht erfüllt.

Das Fazit

Um halb drei ging für mich das Abenteuer RPC Köln auch schon wieder zu Ende. Meine Ausbeute: Die zwei neuen Abenteuer und die Aventuria-Erweiterung, vier DSA-Roman-Restposten für meinen Mitspieler Christoph, einen blauen Mittelreich-Würfelbecher, einen kleinen DSA-Logo-Stempel, die Erdenstern-Soundtrack-CD zu Herokon, sowie das Brettspiel Orkensturm. Viel mehr als ich kaufen wollte, viel zu wenig, um mein fanatisches DSA-Sammler-Herz befriedigen zu können.

Meine Beute

Bepackt mit Beute, Fotos und schönen Erinnerungen ging die RolePlay Convention für mich viel zu schnell zu Ende. Gerademal drei Stunden war ich vor Ort. Spaß gemacht hat es, trotz der Menschenmengen und des Lärms. Das beruhigende Gefühl von unzähligen mindestens ebenso bekloppten Personen umgeben zu sein, die friedlich, fröhlich und tolerant ihrem gemeinsamen Hobby huldigen, ist es jedes Jahr auf's Neue wert den Weg nach Köln zu wagen. Also wohlan: Die RPC 2018 kann kommen!

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