Hörspiel: Verschwörung am Hofe

Wer im Jahr 1027 BF schlecht bewaffnet und von Meuchlern verfolgt in die schwarzen Lande zieht, weiß, dass es eine gefährliche Unternehmung ist. Wer gleichzeitig aber im schönen Gareth auf einer prächtigen Festivität weilt, wird kaum mit lebensbedrohenden Gefahren rechnen. Und so waren die vier Helden und der Schelm sehr gespannt, welche Abenteuer uns in der vierten Folge des DSA-Hörspiels bei der Verschwörung am Hofe erwarten.

Die Vorgeschichte

Als frisch aus dem Knast Geflohener hat man es aber auch wirklich nicht leicht: Statt einfach nur gemütlich in Freiheit zu leben, muss man sich den Wünschen eines verarmten Landadeligen fügen, und ihm den in der Borbarad-Krise abhanden gekommenen Siegelring seiner Familie zurückholen, muss sich mit Räubern, Kannibalen-Kindern und fragwürdigen Mönchen herumschlagen, und kriegt dann noch als Dank einen übermächtigen Meuchel-Söldner auf den Hals gehetzt.

Das schöne Titelbild von Flavio Bolla

Und so stapfen unsere vier widerwilligen Helden - d.h. Zwerg Gundar Gemmenschneider, Streunerin Alinne, Auelf Filoen, Thorwaler Hothar und Kriegerin Leonida von Beilunk - unverzagt Richtung Warunkei, ohne zu ahnen, welche Gefahr ihnen im Nacken sitzt. Denn ohne ihr Wissen wurde ihnen vom adeligen Bösewicht Beltram von Lauterfurt der tödliche Söldner Istav auf die Fersen gehetzt. Sein Auftrag: Die arme Alinne verfrüht über das Nirgendmeer zu schicken. Warum jemand der mittellosen Streunerin das antun sollte, ist noch ebenso unklar wie die Frage, was es mit Alinnes überraschend mächtigen Amulett auf sich hat. Vielleicht sind wir am Ende dieser Folge schlauer...

Das Hörspiel

Während der Gemmenschneider-Trupp also gen Warunkei zieht, findet sich ihr Auftraggeber Lares vom weißen Turm in Gareth auf einem festlichen Gelage wieder, das von einem Adeligen namens Dexter von Crumold gegeben wird. Mit seinem Mentor Sardos versucht Lares sich auf dem Fest zurechtzufinden, als er das Opfer einer heimtückischen Giftattacke durch eine unbekannte Schankmagd wird.

Unterdessen gelangen Gundar und Konsorten auf ein nicht näher benanntes Schlachtfeld des Borbarad-Krieges, finden Dämonen-Überreste und können sich nur in letzter Sekunde vor einem Trupp bewaffneter mittelreichischer Söldner verbergen, die kurz darauf von einem einzelnen Reiter niedergemacht werden.

Und während Alinne, Gundar, Filoen, Hothar und Leonida gegen den übermächtigen Gegner überleben müssen, versucht Sardos auf eigene Faust den Giftanschlag auf seinen Herrn aufzudecken, und geht dabei eine gefährliche Allianz mit seinem früheren Freund und jetzigem Rivalen Beltram von Lauterfurt ein.

Die Technik

Es ist die vierte Folge der Reihe, und so sollte es für eifrige Leser unserer Rezensionen der vorherigen Teile keine große Überraschung darstellen, dass die WinterZeit Studios in Remscheid und die zahlreichen unterstützenden Sprachaufnahme-Studios in Berlin, München und Hamburg wieder hervorragende Arbeit geleistet haben. Neben der ohnehin hochkarätig besetzten Hauptsprecher-Schar um Claus-Peter Damitz (Gundar Gemmenschneider, Tyrion Lannister in Game of Thrones), Markus Off (Filoen, Captain Sparrow in Fluch der Karibik 1-3), Gabrielle Pietermann (Alinne, Hermine Granger in Harry Potter), Angela Wiederhut (Leonida, Sunni in Disneys Gummibärenbande) und Marco Kröger (Hothar, Patrick Star in Spongebob) brillieren wieder Synchron-Legende Eckhard Dux (Sardos, Hannibal Smith in A-Team) und Freimut Götsch (Beltram von Lauterfurt, Woody Allen) als gealterte Rivalen.

Unterstützung erhalten sie diesmal u.a. durch die ebenfalls starken Auftritte von Peter Flechtner (Dexter von Crumold, Private Rico in Starship Troopers) und Markus Pfeiffer (Istav, Geralt von Riva in The Witcher). Und auch sonst sind alle Sprecher bis in die kleinste Statistenrolle sehr überzeugend besetzt (auch wenn etwas verwirrend ist, dass der in Folge 2 ermordete und von Till Hagen gesprochene Kommandant der Stadtwache Bardo von Faldir plötzlich als Statist auf dem Fest zu hören ist).

Aufnahmequalität, Geräusche, Tonschnitt und Musik wissen wieder voll zu überzeugen. Auch das Titelbild von Flavio Bolla gefällt mit seinen warmen Farben und der stimmungsvollen Szenerie, sodass man sogleich verzeihen mag, dass der dargestellte Thronsaal so in der Geschichte gar nicht vorkommt.

Die Handlung

Bleibt der Blick auf die eigentliche Geschichte. Und diese weiß erneut zu gefallen! Da diesmal die Handlung auf zwei Erzählstränge in Gareth und den Schwarzen Landen aufgeteilt wird, kommt kaum Langeweile auf, und mit den Geheimnissen um den Mordanschlag auf Lares, die Verbindung zwischen Sardos und Beltram von Lauterfurt und um das mächtige Amulett Alinnes gibt es genug offene Fragen, die den Leser bei der Stange halten.

Der Kampf zwischen dem Söldner Istav und der Truppe um Alinne ist spannend inszeniert, die in Hörspielen nur schwer umsetzbare Action-Sequenz weiß zu überzeugen. Auch das Intrigenspiel zwischen Sardos, Beltram und Dexter wird gut vermittelt. Es werden genug offene Fragen beantwortet (z.B. woher sich Sardos und Beltram kennen, und warum Alinne mit ihrer Mutter sprechen kann), und neue Geheimnisse aufgebaut (z.B. was Dexter von Crumold plant und warum Beltram mit dem Tod der Tochter herbeiführen will), um die Motivation bis zur nächsten Folge aufrecht zu halten.

Allerdings tun sich auch wieder so manche Logiklöcher auf: Warum schickt Beltram nur einen einzelnen Kämpfer los, um Alinne und ihre vier Gefährten zu beseitigen? Warum versteckt sich die für den Giftanschlag verantwortliche Magd ausgerechnet im ausweglosen Keller? Warum kennt sich Lares vom Weißen Turm, als Sohn eines Adeligen, nicht besser auf einem höfischen Fest aus? Warum sehen die fünf Gefährten tatenlos zu, während der offensichtlich böse Söldner die Grenzsoldaten niedermetzelt? Warum tummeln sich unzählige Krähen auf dem Schlachtfeld, auch wenn die Schlacht schon lange vorbei zu sein scheint? Wer zum Namenlosen ist "Fran Helot" und warum zitiert er im "achten Kantos" Oscar Wilde? Warum ruft Fileon das umgangssprachliche "Fulme" statt "Fulminictus" oder dem elfischen "Fial miniza dao'ka"? Und seit wann gibt es in Aventurien Dämonenschädel, die man an Bäume nageln kann (Zitat DSA5-Regel-Wiki"Werden Dämonen erschlagen, bleibt keine Leiche zurück, sondern meist nur eine kleine Menge Schleim, Schwefel oder Ähnliches.")?

Der fehlende Bezug zur aventurischen Welt ist wieder einmal der größte Schwachpunkt dieser ansonsten hervorragenden Folge, wird doch auch bei der Verschwörung am Hofe versäumt, auch nur eine einzige kanonische Meisterperson aus 33 Jahren DSA-Publikationen zu erwähnen. Dass mit Dexter von Crumold wenigstens ein bekanntes albernisches Haus erwähnt wird, ist schon das höchste der Gefühle. Ansonsten wird wie gehabt statt von Rhazzazor oder Galotta nur vom "Nekromanten" geredet, außer Gareth wird keine einzige Örtlichkeit namentlich erwähnt, und bis auf einige Götter kein Bezug zur doch eigentlich mehr als reichlich beschriebenen Hintergrundwelt von DSA genommen.

Das Fazit

Von dem schon gewohnten Genörgel eines DSA-Fanboys abgesehen, gibt es an der Verschwörung am Hofe nicht viel zu kritisieren: Die Charaktere sind weitgehend stimmungsvoll (vom ewig nervenden Thorwaler Hothar einmal abgesehen), die teilweise überraschenden Entwicklungen der Personen überzeugend, die Geschichte spannend. Und wenn nach 57 Minuten die Abspannmusik verhallt, ist man überrascht, wie schnell die Zeit verflogen ist. Nach der etwas schwächeren zweiten Folge machen Folge 3 und 4 Lust auf mehr, und so bleibt mir nur, mich auf die finalen beiden Folgen zu freuen, die hoffentlich ein für allemal Licht auf die rätselhaften Geschehnisse rund um Gundar Gemmenschneider und seine Gefährten werfen werden.

Der Werbe-Flyer, der der CD beiliegt, verrät, dass weitere Folgen der DSA-Hörspiel-Reihe in Vorbereitung sind. Wenn sie das erzählerische Niveau der bisherigen ersten Staffel halten können, und ein fähiger DSA-Redakteur für etwas mehr Konsistenz und Integration des aventurischen Hintergrunds sorgt, bin ich gerne wieder dabei.

"Verschwörung am Hofe" ist die vierte Folge der DSA-Hörspielreihe der WinterZeit Studios und kann dort als CD (7,99€) oder MP3-Download (5,99€) bestellt werden. Die CD ist außerdem z.B. im F-Shop, bei AmazonMedia Markt oder Saturn erhältlich.

Kommentare

  1. Die meisten Fragen lassen sich sehr einfach beantworten:

    "Warum schickt Beltram nur einen einzelnen Kämpfer los, um Alinne und ihre vier Gefährten zu beseitigen?"
    Der Söldner soll nur Alinne töten, der Rest ist egal. Beltram glaubt, dass ein Eilte-Söldner dafür reicht. Ein Söldner ist auch billiger und unauffälliger als eine Hand.

    "Warum versteckt sich die für den Giftanschlag verantwortliche Magd ausgerechnet im ausweglosen Keller?"
    Vermutlich hat ihr Auftraggeber sie dort hinbeordert, um sie als Mitwisserin in Ruhe abzumurksen.

    "Warum kennt sich Lares vom Weißen Turm, als Sohn eines Adeligen, nicht besser auf einem höfischen Fest aus?"
    Landadel mit geringem Etikette-Wert.

    "Warum sehen die fünf Gefährten tatenlos zu, während der offensichtlich böse Söldner die Grenzsoldaten niedermetzelt?"
    Das tut nur Filoen. Und keiner der Gefährten hätte einen Grund, sich in den Konflikt einzumischen.

    "Warum tummeln sich unzählige Krähen auf dem Schlachtfeld, auch wenn die Schlacht schon lange vorbei zu sein scheint?"
    Weil hier Narrativismus -> Simulationismus. Das Schlachtfeld wirkt so bedrohlicher.

    "Wer zum Namenlosen ist "Fran Helot" und warum zitiert er im "achten Kantos" Oscar Wilde?"
    Vermutlich einer der zahllosen Kaiser während der Dunklen Zeiten, den man gewählt hat, weil es Wilde in Aventurien nicht gibt.

    "Warum ruft Fileon das umgangssprachliche "Fulme" statt "Fulminictus" oder dem elfischen "Fial miniza dao'ka"?"
    Da hat man sich vermutlich an der Nordlandtrilogie orientiert, in der die Sprüche teils lateinische Formeln hatten, z.B. Fulmen = Fulminictus oder Incende = Ignifaxius.

    "Und seit wann gibt es in Aventurien Dämonenschädel, die man an Bäume nageln kann?"
    Im TcD wird ein Dämon vorgestellt, mit dem das theretisch möglich wäre, weil sein Gift verhindert, dass sich Dämonenüberreste auflösen. Wahrscheinlich ist das aber nicht, hier haben die Autoren einfach keine Ahnung.

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    1. Danke für die ausführliche Antwort auf meinen Fragenkatalog. Klar, die meisten Fragen lassen sich bestimmt mehr oder weniger einfach erklären, das ändert aber trotzdem nichts an der Tatsache, dass viele der Fragen, die sich mir (und vermutlich auch manch anderem Zuhörer) gestellt haben, durch ein besseres (aventurienkundiges) Lektorat ganz einfach hätten vermieden werden können.

      Das ist ja auch meine Hauptkritik: Ich liebe die DSA-Hörspielreihe, und finde alle bisher gehörten Folgen sehr unterhaltsam, spannend, sympathisch und technisch perfekt. Umso mehr ärgern mich inhaltliche Ungereimtheiten, die einfach nicht nötig wären.

      Hoffen wir, dass es in der zweiten Staffel besser wird - der Einstieg war ja, bis auf einige wenige Punkte, schonmal ganz zufriedenstellend. Ich bin gespannnt auf die kommenden Folgen...

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